Offener Brief 2

Inhalt dieser Seite:

  • Offener Brief vom 11. Dezember 2020
  • E-Mail von Frau Klöckner vom 18. Dezember 2020
  • E-Mail von Frau Marquardt im Namen von Herrn Jentsch vom 11.Januar 2021

Offener Brief zum Wohnungsbedarf in Bochum – Erhalt der Frei- und Ackerfläche „6.04 Hattinger Straße / Hinter der Kiste“ in Bochum-Linden

An
den Oberbürgermeister der Stadt Bochum
den Stadtbaurat der Stadt Bochum
den Amts- und Institutsleiter – Amt für Stadtplanung und Wohnen der Stadt Bochum
den Amts- und Institutsleiter – Referat für politische Gremien, Bürgerbeteiligung und Kommunikation
die Fraktionen und Mitglieder im Rat der Stadt Bochum
die Mitglieder des Ausschusses für Planung und Grundstücke und die dort vertretenen Fraktionen

den Bezirksbürgermeister Bochum-Südwest
die Mitglieder der Bezirksvertretung Bochum-Südwest

die Soziale Liste Bochum

Bochum, den 11.12.2020

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Eiskirch,
sehr geehrter Herr Dr. Bradtke,
sehr geehrter Herr Kröck,
sehr geehrter Herr Lumma,
sehr geehrte Damen und Herren der Fraktionen im Rat der Stadt Bochum,
sehr geehrte Damen und Herren des Ausschusses für Planung und Grundstücke,

sehr geehrter Herr Bezirksbürgermeister Gräf,
sehr geehrte Damen und Herren der Bezirksvertretung Bochum-Südwest,

sehr geehrter Herr Gleising,
sehr geehrte Damen und Herren,

in der WAZ vom 04.11.2020 wurde ein Artikel zum Wohnungsbedarf in NRW „Zu wenig Neubau in Großstädten“ veröffentlicht. Aus einer in diesem Artikel erwähnten Studie geht deutlich hervor, dass die Stadt Bochum im Vergleich mit 20 westdeutschen Großstädten schon jetzt 14% über dem eigentlichen Bedarf (100%) hinaus Wohnungen in Bochum baut. Erschwerend kommt hinzu, dass für unsere Stadt bis zum Jahr 2030 eine schrumpfende Bevölkerungsdichte erwartet wird. Vor dem Hintergrund dieser Prognose entsteht ein signifikantes Missverhältnis zwischen dem eigentlichen Bedarf und den überschüssigen Wohneinheiten.

Dieser Artikel wird durch einen weiteren Artikel in der WAZ vom 06.11.2020 „Der Wohnungsmarkt bis 2040“ gefestigt. Gemäß einer in diesem Artikel erwähnten Analyse des NRW Bauministeriums gibt es in Bochum unter dem Strich schon heute genug Wohnungen, aber oft die falschen. Der Bedarf beziehe sich u.a. auf altersgerechte Wohnungen und Apartments für Singles. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Ausbau bzw. die Aufstockung von Dachgeschossen für notwendigen Wohnraum (Singlewohnungen) gefördert werden muss. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit durch den nachträglichen Ein- bzw. Anbau von Aufzugsanlagen barrierefreie Wohnungen für ältere Menschen zu schaffen.

Bereits in der WAZ vom 18.07.2020 unter der Rubrik „Aus der Region“ wurden im Artikel „Umbauen ist klüger, als neue Flächen zu versiegeln“ gute Ansätze zu einer nachhaltigen Vorgehensweise aufgeführt. Wir würden es begrüßen, wenn die zuständigen Gremien der Stadt Bochum solche interessanten Ansätze aufgreifen und favorisieren.

Einerseits erklärt die Stadt Bochum aufgrund eines Ratsbeschlusses vom 06.06.2019 den Klimanotstand, andererseits wird an dem unseres Erachtens überholungsbedürftigem Wohnbauflächenprogramm ohne Rücksicht auf unsere Umwelt weiterhin uneingeschränkt festgehalten. Ohne Notwendigkeit wird aus rein wirtschaftlichen Interessen die Versiegelung schützenswerter Böden unaufhaltsam fortgeführt und das, wie aus den Studien ersichtlich, am Bedarf vorbei.

Einerseits unterstützt die SPD Bochum die Volksinitiative „Artenvielfalt“, andererseits werden jedoch schützenswerte Grün- und Ackerflächen in Bauland umgewandelt und damit versiegelt. Von einer Reduktion des Flächenverbrauchs ist dann keine Rede mehr.

Gemäß einem Artikel in der WAZ vom 01.07.2020 „Betonfläche in Altenbochum soll wieder Natur werden“ lässt sich die SPD für den Rückbau der versiegelten Fläche „Auf der Heide“ feiern. Für uns ist es völlig unverständlich, dass einerseits ein Rückbau von versiegelten Flächen erfolgt, und andererseits aber die wertvolle Frei-und Ackerfläche „Hinter der Kiste“, die an ein Landschaftsschutzgebiet angrenzt, trotz der Auswirkungen des Klimawandels einer Bebauung und somit einer Versiegelung zugeführt werden soll. Es ist für uns nicht nachzuvollziehen, dass in unserer heutigen Zeit mit anhaltenden Dürreperioden großzügige Freiflächen, die zur Speicherung des Grundwassers dienen, versiegelt werden sollen.

Im WAZ Artikel vom 24.11.2020 wird die Frage erörtert: „Baut Bochum mehr Wohnungen als nötig?“. Gemäß einer Prognose des Statistikdienstleisters IT.NRW werde Bochums Einwohnerzahl bis 2040 um 2,5% schrumpfen. Neben der bereits oben erwähnten Studie des Analysehauses Wüest Partner beziehen sich die Bedenken der Grünen, ob wirklich so viele Wohnungen in Bochum benötigt werden wie in 2017 im Handlungskonzept Wohnen beschlossen, auch auf eine Auswertung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW). Beide Studien kommen zu dem Schluss, dass Bochum über Bedarf baue. Dies entspreche auch der Einschätzung der grünen Ratsfraktion. Schon jetzt belege Bochum mit einer versiegelten Fläche von 37,9% Platz 9 in Deutschland.

In diesem Zusammenhang verweisen wir hierzu auch auf den WAZ Artikel vom 05.11.2018 „Mehr als ein Drittel der Stadt ist versiegelt“, welcher auf eine Untersuchung der VdS Schadenverhütung GmbH Bezug nimmt. Des Weiteren wird im WAZ Artikel vom 23.07.2019 „Ruf nach mehr Wohnungsbau“ einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zufolge erläutert, dass der Anteil des gedeckten Wohnungsbedarfs für Bochum bei 128% liegt.

Die Datenlage und Ergebnisse der Analysen in den angesprochenen Artikeln weichen deutlich von den im Handlungskonzept Wohnen zu Grunde liegenden Annahmen zum Wohnungsbedarf in Bochum ab.

Daher können wir die Forderung der Grünen nur gutheißen und ausdrücklich unterstützen: Erhebung neuer Daten bis 2022! Das städtische Ausbauziel muss vor dem Hintergrund aktueller Zahlen neu formuliert werden. Dabei muss oberste Priorität haben: Erhalt der unversiegelten Flächen!

Wir fordern Sie auf, das politische und verwaltungstechnische Verfahren zum Wohnbauflächenprogramm bis zum Abschluss einer Überprüfung des tatsächlich vorhandenen und benötigten Wohnbedarfs auszusetzen. Nach der Auswertung – basierend auf den Ergebnissen – muss ein entsprechend auf die wirklichen Erfordernisse und Bedürfnisse angepasstes Wohnbauflächenprogramm erarbeitet und verabschiedet werden.

Wir möchten an dieser Stelle nochmals betonen, dass wir uns nach wie vor aus ökologischer Sicht sowie als Maßnahme gegen den Klimanotstand für den Erhalt der Frei- und Ackerfläche „6.04 Hattinger Straße / Hinter der Kiste“ einsetzen und nach eingehender Betrachtung der Situation bei unserer Forderung bleiben: KEINE BEBAUUNG!

Wir freuen uns über eine Rückmeldung von Ihnen und wünschen Ihnen und Ihren Familien eine schöne Weihnachtszeit.

Mit freundlichen Grüßen

Bürgerinitiative Hinter der Kiste

Reimund Kröger
Ralf Kleinmax

P.S.
Die aufgeführten Artikel finden Sie auf der Website der Bürgerinitiative Hinter der Kiste unter folgendem Link:

https://hinter-der-kiste.stadtentwicklung.net/?page_id=39

Die Studie des Analysehauses Wüest Partner Deutschland W&P Immobilienberatung GmbH: Westdeutsche Wohnungsmärkte Daten & Perspektiven 2020 finden Sie unter folgendem Link:

https://www.wuestpartner.com/de/publikationen/westdeutsche-wohnungsmaerkte-2020

E-Mail von Frau Klöckner am 18.Dezember 2020

Guten Tag in die Runde der aktiven Bürger*innen,

Sie alle haben sich in der letzten Zeit mit Ihren Anliegen zu mehr oder weniger konkreten Bau- bzw-Planungsvorhaben an uns gewandt und uns ihre Anregungen, ihre Kritik, ihre Informationen dazu mitgeteilt.

Dafür erst einmal herzlichen Dank, wir freuen uns über diese Beiträge, die größtenteils sehr konstruktiv sind, aber verständlicherweise auch mal dazu dienen, harsche Kritik, Frust und Unverständnis auszudrücken.

Mein Name ist Anette Klöckner und ich bin in der Grünen Fraktionsgeschäftsstelle zuständig für den Fachausschuss Planung und Grundstücke. Ich möchte mich entschuldigen, dass ich auf viele Ihrer Zuschriften noch nicht geantwortet oder reagiert habe. Mit der Kommunalwahl und dem anschließenden Koalitionsvertrag erreichten uns tatsächlich sehr viele und zum Teil sehr „hoffnungsfrohe“ Zuschriften, auf die zu reagieren ich nicht immer die Zeit gefunden habe.

Einerseits haben wir viele neue Mandatsträger*innen dazu gewonnen, die erst einmal gut eingebunden werden müssen. Andererseits müssen wir die Überlegungen, wie unser weiteres Vorgehen aussehen soll, auch intern neu justieren. Hinzu kommt noch „Corona“ und ich denke, wir merken alle, dass unter diesen Bedingungen einfach fast alles mühsamer wird und länger dauert.

Wir sind aber froh, dass eine breite öffentliche Diskussion über die tatsächlichen Wohnbaubedarfe in Gang gekommen ist. Es ist wahrscheinlich kein Geheimnis, dass dies ein besonders umstrittener Punkt mit unserem Koalitionspartner war. Die Eröffnung der Diskussion ist gut, jetzt muss qualitätsvoll und wissenschaftlich basiert das Handlungskonzept Wohnen überarbeitet werden.

Wir sind auch froh, dass sich in Verwaltung und Politik Bewegung ergibt und Planungen tatsächlich so überdacht und überarbeitet werden, dass Klima, Ökologie, eine zukunftsfähige Mobilität etc. mit dem notwendigen Stellenwert Eingang finden. Dieser Prozess ist vielfältig und wechselseitig, teils werden Diskussionen von außen reingetragen, teils intern angestoßen und teils gibt es aber auch unerfreuliche Rückschläge.

Auch wir lernen noch ständig dazu und arbeiten daran, eine in allen Aspekten gute Planung voranzubringen. Wir wissen: je frühzeitiger desto besser. Und wir sehen es als absolut notwendig an, dass eine formale frühzeitige Beteiligung, auch wenn unter Corona-Bedingungen anders gestaltet, dazu führen muss, dass Planungen sich ändern und verbessern. Ein wirklicher Effekt der öffentlichen Beteiligung muss erlebbar sein, denn sonst entsteht nur Frust.

Also langer Rede kurzer Sinn: Entschuldigen Sie, dass ich mich nicht früher zurück gemeldet habe und, bringen Sie sich gerne weiter ein. Ihre Mails werden gelesen und beachtet, auch wenn Sie nicht immer eine Reaktion darauf bekommen.

Wenn Sie sich weiter informieren möchten, verweise ich gerne nochmal auf die grüne Homepage: https://gruene-bochum.de/

Ich wünsche Ihnen nach diesem anstrengenden Jahr eine erholsame Zeit zum Kraft schöpfen und insgesamt auch schöne Feiertage!

Im neuen Jahr sind wir wieder ansprechbar und wenn Ihnen etwas ganz dringend unter den Nägeln brennt, so bin ich im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten auch telefonisch zu erreichen.

Mit herzlichen Grüßen

Anette Klöckner Fraktionsmitarbeiterin
Geschäftsstelle der Grünen im Rat Bochum

E-Mail von Frau Marquardt im Namen von Herrn Jentsch vom 11.Januar 2021

Sehr geehrte Damen und Herren der Bürgerinitiative Hinter der Kiste,

bitte entschuldigen Sie, dass die SPD im Rat erst jetzt auf Ihr Schreiben antwortet, das Sie uns vor Weihnachten haben zukommen lassen, aber im Zuge der Konstituierung des neuen Rates und der Weihnachtsferien haben sich einige Dinge leider verzögert. Mit dieser Email leite ich Ihnen das Antwortschreiben unseres Fraktionsvorsitzenden Herrn Jentsch weiter.

Mit freundlichen Grüßen

Renate Marquardt

Sehr geehrter Herr Kröger, sehr geehrter Herr Kleinmax,

vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie Ihr Anliegen noch einmal zur Sprache bringen. Wir beurteilen die Situation im Wohnungsbau etwas anders. Niemand kann leugnen, dass der Wohnungsmarkt in Bochum aktuell nach wie vor äußerst angespannt ist.

Darunter leiden nicht nur, aber vor allem diejenigen, die aufgrund der familiären Situation größeren Wohnraum brauchen und diejenigen, die nicht jede beliebig hohe Miete bezahlen können. In der Versorgung der Menschen mit ausreichend Wohnraum liegt eine große kommunalpolitische Verantwortung und eine wesentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge. Dazu haben wir in den vergangenen Jahren die notwendigen Beschlüsse gefasst.

Insbesondere liegt uns der geförderte Wohnungsbau am Herzen. Der absehbare Verlust von ca. 3.000 weiteren Wohneinheiten in 10 Jahren (bis 2030) muss kompensiert werden. Aber wir wollen keine isolierten Viertel, wo sich die Sozialwohnungen ballen, sondern neue Wohnungen in neuen Quartieren mit einem gesunden sozialen Mix.

Das Bochumer Handlungskonzept geht von einem „moderaten Wachstum“ aus. Dafür sollten zwischen 2016 bis 2020 700 WE p.a. neu gebaut werden. Aufgrund der Anlaufschwierigkeiten eines solchen Programms wurde die Zahl auf 800 WE für einen entsprechenden Zeitraum hochgesetzt.

Es ist jetzt an der Zeit, zu bilanzieren, ob das Ziel erreicht wurde. Davon hängt ab, in welcher Geschwindigkeit unsere Bemühungen fortgesetzt werden.

Die im Auftrag des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen angefertigte Studie „Wohnungsmarktgutachtens Nordrhein-Westfalen“ des GEWOS Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung geht von folgenden Zahlen aus: Um den bestehenden quantitativen Neubaubedarf und die qualitative Neubaunachfrage zu decken, müssen in Bochum von 2018 – 2040 pro Jahr 430 Wohnungen entstehen.

Das Wohnbauflächenprogramm, das der Rat 2018 beschlossen hat, weist im gesamten Stadtgebiet Flächen aus, auf denen kurzfristig ca. 4.400 Wohneinheiten entstehen können, mittelfristig 4.800 Wohneinheiten und langfristig 500 Wohneinheiten. Die Studie der Landesregierung bestätigt damit in der Summe den Gesamtbedarf, geht aber von einem längeren Realisierungszeitraum aus.

Darüber werden wir nachdenken müssen. Auch darüber, wie wir die Aspekte des nachhaltigen, ökologischen Bauens und des Quartiermanagements stärker in den Vordergrund rücken und die ökologischen Standards in neu aufzustellenden Bebauungsplänen strenger handhaben. Aber einen Stillstand beim Wohnungsbau kann es nicht geben. Ein Stopp des Wohnungsbaus in Bochum wäre in unseren Augen unverantwortlich.

Mit freundlichen Grüßen und allen guten Wünschen zum neuen Jahr

Burkart Jentsch

– Vorsitzender der SPD im Rat –